Freitag, 21. September 2018

Kamele

Gestern Abend haben wir noch mit den Knochenwürfeln gespielt. Es sind übrigens keine Schafswirbel, sondern Fußgelenkknochen von Schafen und Ziegen. Die Tochter von Urnaa hat Dörte auch nicht beschummelt, Ungeübte haben es nur ziemlich schwer, die vier Seiten auseinander zuhalten. Je eine Seite steht für Ziege, Schaf, Kamel und Pferd.


Hier ein paar Merkregeln: Ziegen und Schafe sind klein, deshalb muss der Stein flach liegen. Schafe haben einen Buckel und Ziegen nicht, alo oben mit Buckel = Schaf.
Kamele und Pferde sind groß, deshalb muss der Knochen aufrecht stehen. Kamele haben ein Loch zwischen den beiden Höckern, Pferde nicht. Am schwierigsten fand ich es, Kamele und Pferde auseinanderzuhalten. Die Familie besitzt einen ganzen 5-Liter-Sack voll mit solchen Knochen, denn für manche Spiele braucht man viele Knochen. Zum Beispiel für das Schnipsspiel, das wir am Abend gespielt haben: 2 Hände voll Knochen braucht man dafür. Einer wirft alle Knochen hoch und darf dann jeweils einen Knochen auf einen anderen Knochen mit dem gleichen Tier schnipsen. Dann darf er sich einen der beiden beteiligten Knochen in seinen Vorrat packen. Das darf er solange machen, bis er einmal einen Fehler gemacht hat, z. B. einen falschen Knochen getroffen, einen anderen Knochen berührt oder einen dritten Knochen bewegt hat. Nach einem Fehler oder wenn nichts mehr geht, ist der nächste dran und wirft alle verbliebenen Knochen neu auf den Tisch. Am Ende wird einer ein Paar werfen und beim Schnipsen erfolgreich sein. Dann müssen alle anderen 2 ihrer gesammelten Knochen zu dem Paar legen und es geht weiter. Wenn jemand keine Knochen mehr hat, scheidet er aus. Wenn jemand nur noch einen Knochen hat, dann wird ausnahmsweise eine Runde nur mit einem Knochen Einsatz pro Spieler gespielt. Wer am Ende alle Knochen hat, ist der Gewinner. Mir blieb ein ehrenvoller dritter Platz, Urnaas Bruder ist ein toller Würfler und Schnipser und hat überlegen gewonnen.

Ganz einfaches Spiel: Knochen hochwerfen, möglichst viele
andere Knochen greifen und Knochen wieder auffangen!
Die Nacht war deutlich weniger kalt als die gestrige. Vor allem aber war es windstill und deshalb ruhig. Sogar ich habe einige Stunden Schlaf bekommen. Diesmal haben wir zu fünft in der Jurte geschlafen, nur Urnaas Bruder hat im Haus geschlafen. Das Haus ist neu gebaut und hat noch keinen Ofen installiert. Erst zum Winter soll es richtig bezogen werden. Nach dem Frühstück haben wir unsere Würfel gezeigt und waren überrascht, dass man hier Kniffel kannte. Ein paar Kanadier hatte es der Familie schon mal beigebracht. Auch die Runde Kniffel hat Urnaas Bruder gewonnen. Danach haben wir dann noch ein Knochenspiel kennengelernt: Es wird reihum mit 4 Knochen geworfen. 2 Paare gleicher Tiere bringen 2 Punkte, 4 verschiedene Tiere geben 8 Punkte, 4 gleiche Tiere bringen 4 Punkte - außer bei 4 Pferden, dann hat man sofort gewonnen. Wenn man Punkte erzielt hat, darf man gleich nochmal würfeln. Wer 32 Punkte erreicht hat, ist der Sieger. Dörte hat dieses Spiel gewonnen, aber nur weil Urnas Bruder zum Telefon gerufen wurde. Wir durften übrigens 4 Knochen mitnehmen, Ihr könnt das Erkennen also bei uns üben, wenn Ihr uns nach der Rückkehr besucht.

Danach bekamen wir die Gelegenheit, traditionelle Kostüme anzulegen und uns fotografieren zu lassen.


Dann hieß es Abschied nehmen von der netten Familie. Urnas Bruder begleitete uns noch zum Nachbarn, einem älteren Bruder von Urnaa, um uns das Melken der Ziegen zu zeigen. Die Tiere waren schon in ein Gatter getrieben wurden, mussten aber jetzt von den Brüdern einmal sortiert werden. Als die Herden der Brüder getrennt waren, wurden die Ziegen in einer Reihe festgebunden mit so einer Art Luftmaschenknoten. Dörte hat dazu ein kleines Video gedreht.


Als alle Ziegen festgebunden waren, wurde mit dem Melken begonnen. Dörte wurde auch ein Melkeimer in die Hand gedrückt, mir hat man das erspart. Ich hätte mich auch gar nicht tief genug hinhocken können. Dörte war mit einem knappen Liter für einen Neuling doch recht erfolgreich, ihre drei Ziegen mussten aber doch nochmal nachgemolken werden.


Danach ging es für uns weiter. Zwischendurch bekamen wir zweimal in kleinen Ortschaften kurz Internetverbindung, aber die war so langsam und instabil, dass es nur für 2 WhatsApp-Nachrichten gereicht hat. Insgesamt sind wir heute 210 km gefahren, praktisch alles auf nicht asphaltierten Wegen. Bei strahlendem Sonnenschein haben wir manchmal kurz Fotostops gemacht und uns zum Beispiel einen Brunnen angesehen:

Soyloo zeigt uns, wie man die Tränke aus dem Brunnen füllt
Nicht weit davon entfernt haben wir unsere ersten Kamele gesehen. Gerlee hat uns erzählt, dass Kamele nur dort leben, wo auch Sandwüste in der Nähe ist. Naja, die große Sanddüne soll ja noch kommen.


Mittags hat Gerlee für uns gekocht
Ziel waren heute die flammenden Klippen. Wir haben wenige Kilometer davor Halt gemacht in einem Ger-Camp (Jurten für Touristen). Dieses Camp ist besser eingerichtet mit richtigen Toiletten, Duschen und einem Aufenthaltsraum, der 2 Stunden lang Strom hat. Aber kein Internet!

Anmerkungen von Dörte:

Wir haben uns noch gut mit der Familie unterhalten. Ich hatte ein Bild meiner Mutter gezeigt, die ja inzwischen 91 Jahre ist. Sie wurde auf ungefähr 60 geschätzt. Das zeigt, wie hart das Leben für Nomaden ist. Die Lebenserwartung liegt unter 70 Jahren. Die käsekundige Mutter ist ungefähr in unserem Alter.

Mitgespielt haben übrigens alle, das Spielen wird mit Freude und Ernst betrieben. Fernsehen gibt es ja auch nur 1 Stunde am Abend. Nur ich hatte mich abends rausgezogen - die Augen brennen doch ziemlich bei der Dungheizung im Zelt. Ganz perfekt ist der Abzug nicht.

Das Camp hier liegt an einer Oase. Es gibt einen See und sogar Bäume. Wildromantisch liefen Pferde am Ufer des Sees entlang.



1 Kommentar:

  1. Man muss auch mal ohne Internet rin paar Tage aushalten.

    Digitales fasten nennt man das!

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