Dienstag, 11. September 2018

Irkutsk

Gestern Abend ging es etwas ruhiger zu. Dörte war nämlich beschäftigt, denn in Ilanskaya hat Tonya eine riesige Tüten mit zu pulenden Kernen gekauft und Dörte welche abgegeben. Wir haben es zuerst für Buchweizen gehalten, aber irgendwann die richtige Übersetzung für орех кедровый herausgefunden: Pinienkerne. Der Offline-Übersetzer hatte wieder versagt, wir mussten auf  eine Internetverbindung warten.
Dieser Offline-Übersetzer sorgte auch sonst immer wieder für Heiterkeit. Wer sich darauf verlassen will (und in China müssen wir das wohl), der sollte zwei Dinge beachten:

  1. Ganz einfache Sätze bilden (ohne Nebensätze und ausschmückende Adjektive)
  2. Unbedingt die Rückübersetzung ansehen, bevor man das Gesprächsergebnis dem Gegenüber zeigt. 
In Ilanskaya hat Dörte auch das erste Mal die Babuschkas gesehen, die selbst gekochte Speisen verkaufen. Tonya hat sie beraten, was unbedingt probiert werden musste: Teigtaschen mit Kohl, mit Hackfleisch gefüllte Pfannkuchen und Frikadellen. Offensichtlich dürfen die Babuschkas nicht durch die Sicherheitskontrollen auf den Bahnsteig - hier standen sie einfach hinter dem Zaun und haben von dort verkauft.
Heute früh sind wir um 7:35 Uhr Ortszeit (das ist 2:35 Uhr Moskauer Zeit) in Irkutsk angekommen. Auf dem Bahnsteig haben wir uns etwas wehmütig von Tonya und Olga verabschiedet. Mit diesen tollen Reisegefährten hätten wir gut und gerne auch noch die 3 weiteren Tage und Nächte bis nach Wladiwostok fahren können. Im Nachhinein müssen wir sagen, dass die dritte Klasse mit dem Großraumliegewagen die richtige Wahl war. Es war sehr viel sauberer als erwartet (es wird quasi dauernd geputzt) und die erwartete Geruchsbelästigung haben wir nicht wahrgenommen. Die Klimaanlage hat bestens funktioniert.

Die einzigen Sorgen bereiteten mir die Schienenstöße. Damit meine ich nicht das regelmäßige Poltern, dass wir von unseren früheren Bahnreisen in Osteuropa kennen. Vielmehr meine ich die Situation, wenn der eigene Waggon eine Millisekunde lang stehen bleibt, bevor er sich dazu entscheidet, doch die 4 Millimeter hochzuspringen um weiterzurollen statt zu entgleisen. Das schüttelt die Passagiere ganz schön durch. Und bisher ist es ja auch immer gutgegangen!

In Irkutsk sind wir mit dem Taxi zum Hostel gefahren. Es war kein offizielles Taxi, sondern ein ziemlich verrottetes Auto mit dem Lenkrad auf der falschen Seite und mindestens 5 langen Rissen in der Windschutzscheibe. Als wir ankamen, wurden wir uns über den Preis nicht einig. Olga hatte berichtet, dass es in der Stadt einen Einheitspreis von 150 Rubeln für Taxifahrten gibt, der Fahrer wollte aber 500 Rubel haben. Mithilfe der Rezeptionistin im Hostel haben wir uns dann auf 300 Rubel geeinigt. Sie meinte 250 Rubel für die Fahrt vom Bahnhof mit Gepäck sei völlig normal und so steht es auch im Wikitravel. Mal sehen, wie es bei der Rückfahrt zum Bahnhof wird.

Im Hostel haben wir schon um 8 Uhr eine Wohnung bekommen, Hier haben wir wirklich viel Platz und sogar eine Waschmaschine, die wir gleich angeworfen haben. Und dann haben wir erst einmal geduscht und frische Sachen angezogen. Herrlich!

Nach einem kurzen Frühstück haben wir die Details für unsere Tour zum Baikalsee geklärt und für danach noch 2 weitere Nächte in diesem Hostel gebucht. Allerdings wird das dann ein kleineres Zimmer sein. Die Tour müssen wir morgen in bar bezahlen, deshalb mussten wir zur Bank. Beim Geldautomaten ist das Umtauschen quasi umsonst, aber dort bekam man nur umgerechnet ca. 65 Euro pro Abhebung. Am Schalter gehen auch höhere Beträge, aber dort musste ich 4 % Kommission bezahlen. Das fand ich ärgerlich, aber besser als die Vorstellung, dass bei der sechsten Geldautomatenabhebung die Kreditkarte eingezogen wird ...

Danach haben wir Irkutsk erkundet. An einem wunderschönen Triumphbogen (Moskovskiye Vorota, leider nur auf Russisch) sind wir an das Angara-Ufer gelangt. Der Fluss Angara hat keine Quelle, es ist der Abfluss des Baikalsees. Leider war das Wetter nicht so schön, wie auf den Bildern von Wikipedia: 10 Grad und Regen.
Die Epiphani-Kathedrale von Irkutsk hat uns besonders gut gefallen. Als wir sie besichtigten, hörten wir noch einen wunderschönen Gesang zum Ende einer Zeremonie. Für den Innenraum gibt es nur das Wort "prachtvoll". Für mich kann diese Kirche mit den großen Kirchen in Minsk und Moskau allemal mithalten.
Etwas weiter beim Denkmal für gefallene Soldaten bei der ewigen Flamme war Fremdschämen angesagt. Es war gerade Wachwechsel mit Stechschritt, also durchaus interessant anzusehen und wert zu fotografieren. Was die Gruppe der asiatischen Touristen aber dann gemacht hat, ging deutlich zu weit: Stechschritt imitieren, sich neben die Wachposten stellen und fotografieren lassen! Ich finde, dafür ist das Thema einfach zu ernst.
Als nächstes mussten wir Handschuhe kaufen. Es soll ja kalt werden am Baikalsee! Dörte fragte mit Händen und Füßen zwei junge Mädchen und die schickten uns zum etwa 2 km entfernten Einkaufszentrum. Dort sah es aus wie im Wandsbeker Quarree und es gab wirklich alles. Wir haben bei H&M Handschuhe bekommen. und im Supermarkt Cola Zero für mich! Die gab es auf den Kiosken an den Bahnsteigen der Transsib nämlich nicht.
Hier haben wir auch zu Mittag gegessen - allerdings ohne englische Speisekarte. Carbonara waren überraschenderweise Spaghetti Carbonara und kein Kotelett. Deshalb waren die Pommes Frites dazu auch etwas fehl am Platze. Egal, Kalorien sind Kalorien, rein damit!
Es gab mehrere kleine Parks mit witzigen Skulpturen
Am Nachmittag haben wir dann noch einen Cache gefunden auf der Vergnügungsinsel Yunosti in der Nähe des Amphitheaters. Bei Regen und 10 Grad mitten in der Woche sieht es hier trostlos aus (gut für das Geocachen), vielleicht ist es am Wochenende hier anders.
Das Wappentier von Irkutsk: Ein Tiger mit einem Zobel im Maul.
Auf dem Weg zurück zum Hostel haben wir noch viele tolle Häuser gesehen. Prächtige Bauwerke aus dem 19. Jahrhundert (z. B. das Theater), aber auch viele Holzhäuser, die langsam verfallen. Das ist schade, denn sie sind bestimmt einmal sehr sehr hübsch gewesen.

In der Wohnung haben wir erst einmal Mittagsschlaf gehalten und jetzt darf Dörte umpacken. Wir werden nämlich einen Teil des Gepäcks während der Baikaltour hier im Hostel lassen. Das bedeutet einen Systemwechsel, nicht mehr meine Sachen in meinem Rucksack und deine Sachen in deinem Rucksack, sondern alles durcheinander (warme Sachen hier, Sommersachen dort). Es soll kalt werden auf der Tour und Dörte hat darauf bestanden, auch noch fischen zu gehen. Wir sind gespannt, wie es wird!

PS: Wie es dort mit Internet steht, wissen wir auch noch nicht. Vielleicht kommen die Blogeinträge also verspätet.

Anmerkungen von Dörte:

Ich bin übrigens nicht sicher, ob es sich um Soldatinnen gehandelt hat. Sie sahen eher wie Schülerinnen in Uniform aus mit Zöpfen und weißen Schleifchen daran. Auch hatten sie unterschiedliche flache Schuhe an. Bei den Jungs wäre ich nicht so ins Zweifeln gekommen (die hatten zumindest keine Zöpfchen).

Bemerkenswert im Supermarkt fand ich auch noch den Stand, an dem Pfannkuchen gebacken, mit Frischkäse gefüllt und gerollt wurden. Dann noch schnell in Frischhaltefolie und ab in die Kühlung. Man hätte auch einen frisch gerollten mit Nutella bekommen können.
Jetzt muss ich nur noch Jan zwingen, das Video zu verlinken, welches ihn beim Pinienkernknacken zeigt.

1 Kommentar:

  1. Ich vermute, dass es sich um Kerne der Zirbelkiefer gehandelt hat, ich glaube nicht dass in Sibirien echte Pinien wachsen. Der Baum wird auch Sibirische Zeder genannt, deswegen kann man die Zirbelkerne auch unter der irreführenden Bezeichnung Zedernkerne bekommen. Ich finde sie leckerer als Pinienkerne aber sie sind in Deutschland sehr schwer zu bekommen und ziemlich teuer.

    Die Beschreibung der Fahrt mit der Transsib hat wirklich Lust darauf gemacht, aber ich glaube ich würde lieber in der anderen Richtung fahren und von Wladiwostok aus die ganze Strecke.

    Viele Grüße,
    - Burkhard

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