Dienstag, 2. Oktober 2018

Sommerpalast

Heute, an unserem letzten Tag in Peking, stand der Sommerpalast auf dem Programm. Dahin fährt man mit "unserer" Metro-Linie 4, aber wie weit und in welche Richtung? Wir hatten auf der Karte einen Park im Südwesten ausgemacht, an dem die Linie 4 vorbeifuhr und in dem ein großer See lag, und machten uns schon auf den Weg. Doch nach einer Station schon kehrten wir um, denn der Sommerpalast sollte doch im Nordwesten liegen. Gut, dass Dörte insistiert hat ...

Am Park angekommen mussten wir erst einmal Eintrittskarten kaufen: Ein Kombiticket für den Park und für alle Attraktionen für 60 Yuan (ca. 7,50 Euro). Beim Einlass in den Park merkten wir zum ersten Mal, was es heißt, wenn in China die goldene Woche ist. Hier hat nämlich derzeit das ganze Land Ferien und nutzt das zum Besuch genau dieses Parks. Zumindest fühlte es sich so an. Zuerst machte es überhaupt keinen Spaß, sich mit der Menschenmasse zu bewegen.

Menschenmassen quälen sich die engen Treppen hoch
Den ersten Tempel haben wir uns auf diese Weise noch angesehen, einen sehr schönen buddhistischen Tempel mit großen Figuren, die die drei Kontinente "Nord", "West" und "Süd" symbolisierten. Dann haben wir uns auf Seitenwege verdrückt und den ersten Cache im Park gefunden. Im Park gibt es nämlich etliche Geocaches, von denen wir am Ende drei angesteuert und auch gefunden hatten.


Trotz allem mussten wir erst einmal den Hügel hinauf und das bedeutete, sich wieder in den Strom der Menschenmasse einzuordnen. Der Weg war etwas komisch, teilweise Felsstufen und relativ langweilige Tortürme, aber dann wieder Terrassen mit Brüstungen mit glasierten Ziegeln. Oben angekommen sahen wir nur eine Mauer. Dabei hatten wir hier eigentlich den Palast erwartet. Wir haben nicht richtig geguckt und sind falsch abgestiegen (als alte Menschen wollten wir die unregelmäßigen Stufen vermeiden!). Hinter der Mauer wäre der prächtige Tempel gewesen, für den wir den Anstieg am Nachmittag dann nochmal gemacht haben.


Auf der anderen Seite des Hügels unten angekommen lag der See vor uns. Voll mit lauter Schiffen, die ein bisschen auf Dschunke getrimmt waren. Man hätte über den See fahren können, aber die Wartezeit wäre wohl etwa 2 Stunden gewesen. Man hätte auch um den See laufen können - aber auf die Idee waren auch schon 10.000 andere Leute gekommen. Es war einfach voll, unerträglich voll.

Wir wollten wenigstens das Marmorschiff sehen und gingen deshalb am Ufer längs nach Westen. Dort war ein Laubengang angelegt, angeblich der längste Korridor der Welt. Dieser Gang war mit allen möglichen Gemälden verziert. Sehr hübsch und wahrscheinlich sehr aufwendig, ihn zu erhalten.


Am Ende des Laubengangs lag tatsächlich das Marmorschiff. Hübsch, aber funktionslos. Eine halbe Stunde später fanden wir ein weiteres, das diente wenigstens als Restaurant.


Dieses Marmorschiff war ein Restaurant
Vor der Brücke der Gedichte
Wir sind dann etwas ruhigere Wege gegangen und haben an einer Stelle gerastet, wo man Seerosenblüten fotografieren konnte. Eine junge chinesische Familie tat das jedenfalls ausgiebig und Dörte hat es ihnen nachgetan.




Von hier konnte man den großen Tempel auf dem Hügel natürlich sehen, denn er überragte alles. Da wir ja nun schon Eintritt bezahlt hatten, mussten wir auch noch mal rauf. Der Bau ist sehr hübsch, innendrin eine vielarmige Buddhafigur. Aber am besten war die Aussicht über den See.



Auf dem Weg nach oben haben wir bei einer Rast (die vielen Treppenstufen, wie Ihr Euch denken könnt!) eine Unterhaltung mit 2 jungen Mädchen aus Shanghai geführt. Sie sprachen perfekt Englisch, fragten nach unseren Eindrücken und Erfahrungen und gaben uns Tips für Shanghai.

Wieder unten haben wir uns die östliche Hälfte des Laubenganges angesehen und sind gerade noch rechtzeitig dort gewesen, um in den eigentlichen Sommerpalast der Kaiserinwitwe Cixi zu kommen. Cixi war schlau und hat Gelder, die für die Marine bestimmt waren, umgeleitet in die Renovierung ihres Sommerpalastes. Zur Tarnung hat sie auf dem See Marine-Übungen abhalten lassen. Nicht mehr funktioniert hat das erst, als die neuen Marineschiffe einen  größeren Tiefgang als die Tiefe des Sees hatten. Jedenfalls hat sie sich ihren Palast superschön gestaltet. Das Highlight ist der zweite Innenhof, dort steht ein vollständiges Theater. Sozusagen Shakespeare's Globe auf Chinesisch!


Von Cixi wird noch eine weitere Geschichte auf dem Audioguide berichtet: Man hatte ihr eines der ersten Autos in den 80er-Jahren des 19.Jahrhunderts geschenkt. Sie war aber empört, dass der Fahrer vorne saß! Deshalb verlangte sie, dass der Fahrer in knieender Position fahren sollte, was natürlich nicht so richtig gelang. Es wurde also nix mit dem frühen Autofahren in China!

Nach dem Besuch des Sommerpalastes sind wir zu einem Go-Club gefahren. Dörte hatte den Kontakt ermittelt und Aaron aus Kentucky, der seit 3 Jahren hier als Lehrer und Erzieher im Montessori-Kindergarten arbeitet, hatte uns den Standort des Go-Klubs per WeChat geschickt. Wir fanden uns in einer dunklen Seitengasse eines Hutong-Viertels wieder. Der Eingang sah aus wie zu einer Werkstatt eines Handwerkers, rechts zweigte ein kleiner Gemälde-Laden ab und links konnte man, indem man eine Decke zur Seite schlug, in ein Restaurant gelangen.

Koordinaten  N 39.944013, E 116.413554
Durch diese "Tür" kommt man ins Restaurant
Im ersten Stock trafen wir dann auf Aaron und konnten tatsächlich gemütlich eine Partie Go spielen. Leider waren wir aber die einzigen Go-Spieler dort. Aaron ist 1-Dan und freute sich, endlich mal wieder eine Gleichauf-Partie zu spielen. Normalerweise spielt er entweder gegen Anfänger oder bekommt Vorgabe von den starken chinesischen Spielern des Klubs. Er will uns auch einen Kontakt in Shanghai vermitteln.

Anmerkungen von Dörte:

Die Mädels nannten sich übrigens selbst Shangheinis und konnten es nicht nachvollziehen, dass ich darüber etwas lächelte. Ist auch schwer zu erklären.

Dann haben wir noch einen kleinen Jungen gesehen, der auf die alte chinesische Weise gewickelt war, nämlich gar nicht. Dafür hatte er aber eine schicke von vorn bis hinten offene Hose an. Bei Instagram hab ich das Foto reingestellt - manuell verpixelt natürlich.

Und dann möchte ich noch von Potato-Boy berichten. Das ist ein Comic, der in der Metro läuft. Wie er aussieht, kann man sich ungefähr vorstellen. Er ist ein Unglücksrabe, wird mal versehentlich zu Pommes verarbeitet oder schafft es nicht rechtzeitig zur Arbeit, weil Mister Eggplant ihn immer aufhält. Da muss man echt aufpassen, die Station nicht zu verpassen.

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