Sonntag, 14. Oktober 2018

Immer noch kein Stopfgarn

Heute früh war unser erstes Ziel die Bus-Agentur, über die unser Reisevermittler 12go.asia unsere nächste Etappe abwickelt, eine Busfahrt über Nacht in einem Bus voller Betten. So sieht jedenfalls das Bild auf der Webseite aus. Der angegebene Treffpunkt sollte ein Agenturbüro sein, das sich 700 Meter entfernt von unserem Hotel auch in der Altstadt befindet. Als wir dort ankamen, wurde uns gesagt, dass wir zwischen 18 Uhr und 18:15 Uhr im Hotel abgeholt werden könnten. Und dass der Bus gar nicht um 17:30 Uhr, sondern erst um 18:30 Uhr fährt. Man könne das nur leider im Buchungssystem nicht ändern. Gut, dass Dörte dabei war. Ich mag mir gar nicht ausmalen, welche Aufregung es gegeben hätte, wenn der gebuchte Transfer zum Busbahnhof um 17:25 Uhr immer noch nicht beim Hotel ist ...

Auf dem Weg sind wir an etwa 200 Kurzwarengeschäften vorbeigekommen. Ungelogen! Ich war mir ziemlich sicher, dass es hier auch Stopfgarn oder zumindest Wolle geben müsste, aber das gab es einfach nicht. Stopfgarn haben wir nämlich vergessen und nur dünne Nähseide mitgenommen. Ich hätte ja nur Zwirnsfaden (der hält immer) und Stopfgarn eingepackt. Auf der Packliste stand allerdings völlig unterspezifiziert "Nähzeug" und unsere Interpretationen unterscheiden sich halt manchmal. Ich werde also weiter meine Strümpfe mit Gewebeband reparieren, was sogar ich als Notlösung empfinde.

Knöpfe werden nach Kilogramm verkauft
Auf dem Weg zum Haon-Kiem-See hat Dörte in der Altstadt das Heritage-Haus entdeckt. Das ist wirklich ein Juwel: Es ist ein gut erhaltenes bzw. renoviertes Geschäftshaus aus dem alten Hanoi. Vorne ist ein Geschäft, weiter hinten gibt es einen Wohnraum, von dem man das Geschäft auch überblicken kann. Es gibt zwei Innenhöfe, im hinteren Innenhof ist die Küche untergebracht. Alles ist mit Mobiliar ausgestattet, so dass man sich das Leben gut vorstellen kann.

Die Küche im zweiten Innenhof
Am Haon-Kiem-See haben wir dann ein paar weitere Wahrzeichen von Hanoi gesehen: Den Schildkrötenturm und das Denkmal vom König Lý Thái Tổ, der als Gründer von Hanoi gilt.



Am Seeufer war viel los, denn heute war Sonntag. Am auffälligsten für uns war ein Flötenverkäufer, der seine Produkte anpries, in dem er darauf spielte. Allerdings mit der Nase und nicht mit dem Mund!


Rund um den See waren die Straßen tatsächlich abgesperrt. Eine echte Fußgängerzone und wirklich ohne Mopeds. Am Südufer wurde das ausgenutzt, um Kleinkinder bereits frühzeitig auf den chaotischen Verkehr vorzubereiten: Man konnte batteriegetriebene Mini-Autos und Mini-Mopeds mieten, die mit bis zu 6 km/h auf der freien Fläche herumfuhren. Hier haben wir - im Gegensatz zum wirklichen Verkehr - manche Zusammenstöße gesehen. Dörte meinte ja, dass die Jungs aggressiver fahren als die Mädchen. Ich bin mir da nicht so sicher.


Das nächste Ziel war das Hỏa-Lò-Gefängnis. Dieses Gefängnis wurde von den Franzosen gebaut, um Widerstandskämpfer und politische Gefangene in der Kolonialzeit zu inhaftieren. Später haben die Nordvietnamesen es als Gefängnis für amerikanische Kriegsgefangene benutzt. Von dem ursprünglichen Gebäudekomplex steht nur noch ein Fünftel und dieses dient heute als Museum. Die Bedingungen für die Gefangenen zur Zeit des französischen Indochinas werden sehr realistisch durch Puppen dargestellt.


Über die Zeit des Vietnamkrieges wird nur berichtet, dass die amerikanischen Kriegsgefangenschaft supergut behandelt wurden. Man sprach auch vom Spitznamen Hotel Hanoi für das Gefängnis. Dass man das nicht ungeprüft glauben darf, kann man z.B. hier nachlesen.

Im Gefängnis haben wir dann einen weiteren Kühlschrankmagneten gekauft. Der brachte uns auf die Idee, die Khâm-Thiên-Straße zu besuchen. Hier fährt mehrmals am Tag ein Zug durch eine schmale Gasse, wobei alle Leute mal schnell in die Häuser verschwinden müssen, wenn der Zug hupt. Und der Zug hat ein ganz schönes Tempo drauf, wie man bei YouTube sehen kann.

Vorsicht, der Zug kommt!

Da haben wir eben noch gesessen!
Wir waren jetzt nicht mehr in der Altstadt und ich hatte das Gefühl, dass der Verkehr etwas weniger chaotisch war. Dafür waren aber auch die Gassen irgendwie schmuddeliger - aber nicht so, dass man hätte Angst haben müssen.


Nach einer halben Stunde erreichten wir den Literatur-Tempel und waren wieder im Touristengebiet.


Die Anlage ist ziemlich weitläufig mit fünf aufeinander folgenden Innenhöfen. In einigen der Innenhöfe haben wir Bonsais gesehen und im Beet der Bonsais waren kleine Porzellanfigürchen, die offensichtlich Go spielten.


Böse Gucken kann ich auch!
Jetzt waren wir schon langsam müde. Es war 17 Uhr und damit hatten wir keine Chance mehr, das Museum von Ho Chi Minh zu besuchen. Immerhin haben wir es noch bis zum Platz vor seinem Mausoleum geschafft.


Auf dem Rückweg zum Hotel kamen wir am Flaggenturm vorbei, immer gut für ein Foto.


Dörte war jetzt fertig, dabei waren es heute doch gar keine 20.000 Schritte gewesen. Sie wollte jetzt nur noch ins Hotel und auf gar keinen Fall Pause machen, auch nicht zum Essen oder ausruhen. Da habe ich einen Trick gefunden: Schon den ganzen Tag hatte sie gequengelt, dass ich endlich zum Friseur gehen sollte. Eigentlich wollte ich Haare und Bart ja lang wachsen lassen, aber für seine Frau muss man auch Opfer bringen. Ich bin also in den nächstbesten Friseurladen gegangen und Dörte hatte jetzt gar keine andere Chance, als im klimatisierten Laden Pause zu machen. Ihr tat die Pause gut und eigentlich sieht meine Haarpracht jetzt auch gar nicht mal so schlecht aus. Jedenfalls werde ich wegen des Passbildes keine Probleme an einer Grenze bekommen ...


Zu Abend haben wir in demselben Restaurant gegessen wie an unserem ersten Tag in Hanoi. Ihr wisst schon, das Restaurant, in dem Dörtes Karriere als Vegetarierin begann. Hier gab es wenigstens einige vegetarische Gerichte, tagsüber hatte sie nur zwei Joghurts mit Früchten bekommen können.

Anmerkungen von Dörte:

Zunächst lege ich mal Wert auf die Feststellung, dass ich nicht quengele. Ich habe Jan vor die positive Wahl gestellt, zum Friseur zu gehen oder von mir die Haare geschnitten zu bekommen. Warum er den Friseur gewählt hat, weiß ich nicht. Vielleicht, weil ich nur eine Nagelschere dabei habe???

Ich habe nicht rausbekommen, warum junge Vietnamesinnen am Sonntag in besonders hübschen Kleidern sich an diversen Plätzen fotografieren lassen. Das scheint ein Sport zu sein. Auf jeden Fall sind sie sehr freundlich und posen auch gern für Fremde - auch gern etwas albern als "Spiderwomen".

Spiderwoman?

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