Freitag, 12. Oktober 2018

Essen für eine Viertelmillion

Die Nacht im Zug war deutlich unruhiger, als wir das erwartet hatten. Wie es scheint, schnarchen 2 Chinesen lauter als 52 Russen zusammen. Der junge Chinese hat außerdem dauernd laut gehustet und Dörte war heilfroh, als er gegen zwei Uhr den Zug verließ. Chinesen sind aber in der Lage, einen Liegewagenplatz auch doppelt für dieselbe Nacht zu verkaufen. Der neue Fahrgast stellte seine Schuhe ordentlich ab, kletterte auf sein Bett und fing augenblicklich an zu schnarchen. Noch lauter als sein Vorgänger ...

Um 5:15 Uhr wurden wir dann geweckt, denn um 5:50 Uhr mussten wir aussteigen. Dörte entschied, die Schlafanzughose zur modischen Trendhose zu erklären und hat sie gleich anbehalten. Es war nämlich kühl im Abteil und auch draußen vor dem Bahnhof in Nanning, wo wir gemeinsam mit hundert anderen darauf warteten, dass die Metro um 6:30 Uhr endlich öffnete. Ich habe noch versucht, das zweite Ei zu essen (ja Burkhard, das ist wohl ein salted-duck-egg), aber das war jetzt schon angestoßen und beim Pellen bin ich auf etwas Grünliches gestoßen. Da hab ich's denn doch lieber aufgegeben und das Ei entsorgt. Die Fischpastenwürste habe ich aber tatsächlich als Brotauflage für das Labberbrot verwendet. Man muss sich einfach nur vorstellen, dass es Kaviar wäre ...

Aus dem Schlaf gerissen und Warten auf die erste Metro
Nach 11 Stationen mit der Metro waren wir kurz nach 7 Uhr beim Busbahnhof. Die Tickets für Hanoi haben wir problemlos bekommen, um 9 Uhr sollte unser Bus gehen. Das Auffüllen der Vorräte fiel uns schwer: In Nanning ist Cola Light wohl völlig unbekannt. Und die Fertigwaren hatten wir ja schon in Hongkong ausprobiert - nix für Dörte dabei. Sie hat dann eine Packung Haferkekse gekauft - in der Hoffnung, dass man dabei nichts falsch machen kann. Wir haben sie noch nicht probiert, bei Überraschungen werde ich berichten.

Im Wartesaal des Busbahnhofs
Die Busfahrt nach Hanoi war erstaunlicherweise mit Verpflegung: Am Start bekamen wir jeder ein Labberbrötchen und eine Flasche Wasser und am Nachmittag gab es sogar bei einer Pause ein richtiges Menu. Leider war das Essen kalt und schmeckte nicht besonders. Ansonsten gab es auf der etwa 9-stündigen Fahrt (ca. 400 km) genügend Pinkelpausen und natürlich den Grenzübergang. Alle mussten ihre Gepäck rausnehmen und zu den Kontrollen schleppen. Unsere Passkontrolle dauerte extrem lange, weil der Buchstabe Ü im Nachnamen wohl Probleme machte. Der Grenzbeamte kannte das nicht und konnte deshalb meine Akte im Computer nicht finden. Das österreichische Paar, das wir unterwegs kennengelernt hatten, hatte die Probleme nicht. Dabei haben die sogar einen Umlaut im Namen des Landes!

Zwischen der chinesischen und vietnamesischen Kontrolle mussten wir einige Hundert Meter mit unserem Gepäck laufen. Und auf der vietnamesischen Seite hatten sie auch wieder Probleme mit dem Ü. Aber jetzt haben wir beide einen Stempel im Pass, dass wir bis zum 26.10.2018 in Vietnam bleiben dürfen. An der Grenze habe ich mich beim Geldwechseln noch etwas übers Ohr hauen lassen: Der Geldwechsler hatte offensichtlich unterschiedliche Kurse für Einheimische und westlich aussehende Leute und ich habe es zu spät bemerkt. Macht nichts, die 20 Euro kann ich als Lehrgeld verschmerzen.

Die Landschaft in der Grenzregion hat mich beeindruckt: Es gibt sehr viele kegelförmige steile Berge, die in der Ebene stehen. Sowas kenne ich bisher nur von Kuba, aus der Gegend um Viñales. Dort sind diese Hügel einmal Stützpfeiler eines Höhlensystems gewesen, das durch Erosion zusammengebrochen war. Vermutlich ist das hier genauso passiert.


Nach der Grenze veränderte sich die Architektur der Gebäude. Wir haben viele Häuser gesehen, die im Prinzip wie aufrechtstehende Zigarettenschachteln aussehen: Hoch, schmale Giebelseite zur Straße und nur diese ist hübsch gestaltet. Als ob es Reihenhäuser wären, bei denen das rechte und linke Nachbarhaus abgerissen worden ist und die unverputzte Mauer zu sehen ist.


Der Bus war ziemlich bequem, weil es nur 3 Sitze je Reihe gab.


Der Weg zog sich, denn es gab viele Staus. Noch sagte Dörte: Der Verkehr ist ja nichts gegen den Verkehr in Ulan Bator, aber diese Meinung sollte sie noch ändern. Für die letzten 2 Kilometer bis zum Busbahnhof haben wir etwa eine Stunde gebraucht. Am Busbahnhof fiel dann wieder die Diskussion mit den Taxifahrern an. Immerhin habe ich diesmal ein offizielles Taxi bekommen. Als ich darum bat, das Taxameter einzuschalten, war dies plötzlich "defekt". Und es kam ein Angebot für einen Festpreis von 200.000 Dong. Wahrscheinlich immer noch zu viel, aber das war es uns wert (ca. 7,50 Eur für 11 km mit Staus). Wir konnten den chaotischen Verkehr beobachten. Unglaublich, was man so alles auf dem Moped transportieren kann!


Beim Hotel in der Nähe der Altstadt gab es dann noch eine kleine Überraschung: Wir dachten, dass wir beim Youth Hostel Rendezvous richtig wären. Waren wir aber nicht, wir mussten in das Hostel Rendezvous. Das lag zum Glück nur 50 m weiter. Wir haben ein kleines Zimmer mit Bad auf dem Flur im 5. Stock - aber ohne Lift. Nach einer Dusche haben wir dann noch einmal die unmittelbare Gegend erkundet: Unglaublicher Verkehr! Der Bürgersteig ist vollgestellt mit Plastikmobiliar für Straßenrestaurants. Die Größe des Mobiliars würde in Deutschland vielleicht gerade für den Kindergarten reichen. Wo kein Straßenrestaurant ist, sind Mopeds auf dem Gehweg abgestellt. Man muss also praktisch auf der Straße gehen. Ich habe immer Angst um Dörte, die nach dem Motto losgeht: Wenn sie hupen, haben sie mich ja gesehen ...


Wir haben in einem etwas besseren Restaurant mit Sitzbänken in normaler Höhe gegessen und es war sehr lecker. Auf Martins Anraten habe ich Suppe probiert, die hier ganz anders gewürzt ist als in China und wirklich lecker schmeckt. Die Rechnung betrug dann knapp eine Viertelmillion Dong! Nach dem Umrechnen geht es einem da schon besser: Etwa 9 Euro.


Technische Anmerkungen:

Wir sind wieder weiter nach Westen gefahren und jetzt ist es nur noch 5 Stunden später als in Deutschland.

Die Seite mit dem Tracking funktioniert im Moment nicht richtig. Diesmal liegt es nicht daran, dass der Tracker keinen Empfang hat, sondern daran, dass das Skript, das alle 5 Minuten zuhause auf der Diskstation unter meinem Schreibtisch läuft und die Daten umformatiert, seit gestern Mittag nicht mehr richtig läuft. Eine Reparatur ist von hier nicht möglich, ich werde mir etwas anderes überlegen müssen.

Jetzt ist endlich der große Firewall in China vorbei. Und ich bin froh, dass ich die eigentlich nicht erlaubten Tricks mit VPN (Details siehe Wikipedia-Eintrag zum großen Firewall) nicht mehr brauche.

Anmerkungen von Dörte:

Ich wusste bisher nicht, wie hoch mein Agressionspotential ist!! Dem schnarchenden Chinesen hätte ich fast ein Kissen auf das Gesicht gedrückt. Viel fehlte nicht!! Erst das ständige Nasehochziehen und dann so Etwas - meine Nerven lagen blank. Ich muss mal sehen, ob ich für die nächsten Etappen nicht Ohrenstöpsel bekomme.

Und zum Verhalten im Straßenverkehr: Ich habe weiße Haare und nehme keinen Blickkontakt mit Fahrern auf. Immer schön ignorieren. Das hat schon in Griechenland immer prima geklappt. Auch da habe ich das Augenrollen der Fahrer gespürt, aber ausgewichen sind sie alle.

Das Transportieren der lebenden Hühner und Gänse fand ich übrigens ganz furchtbar. Wer meinen Instagram-Account verfolgt (ruetenbudde), der weiß, dass ich jetzt vegetarisch esse. Ich habe heute angefangen.

Wir haben hier übrigens wieder einen Wäscheservice im Hotel. Pro Kilo Wäsche kostet es 35.000 Dong (das könnt ihr jetzt mal selbst berechnen) und morgen früh soll schon alles fertig sein!

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