Samstag, 20. Oktober 2018

HCMC

Letzte Nacht wurde es doch nichts mit dem zweiten unteren Bett für Dörte. Kurz vor Mitternacht musste der freundliche Vietnamese, der ihr das Bett überlassen hatte, aussteigen. Und prompt kam ein Nachfolger, der nicht so freundlich war. Dörte musste also wieder nach oben klettern. Das tat sie aber nicht, sondern stellte sich bockig in den Gang. Keine Air Condition, nichts zu essen, keine frischen Laken und das als Luxus verkauft ging ihr mächtig auf den Keks. Ich musste sie erst einmal beruhigen, bis sie bereit war, sich ins Bett zu legen. Viel geschlafen hat sie aber nicht.

HCMC ist die Abkürzung für Ho-Chi-Minh-City. Der Zug kam schon kurz nach 6 Uhr früh dort an und mit dem Taxi waren wir gegen 6:30 Uhr am Hotel. Ein Zimmer hatten sie dort noch nicht für uns, aber wir konnten unser Gepäck abstellen und durften auf der Dachterrasse darauf warten, dass es ab 7 Uhr Frühstück gibt. Das war schon mal ganz positiv, auch wenn wir lieber erst einmal geduscht und die Klamotten gewechselt hätten. Wir wären keine angenehmen Tischnachbarn gewesen ...


Was also tun mit dem angebrochenen Morgen? Wir haben uns für eine Besichtigung des Wiedervereinigungspalastes entschieden. Hier kann man gleich zweimal Eintritt bezahlen, einmal für eine Ausstellung über die Geschichte des Palastes und seines Vorgängers, der 1962 durch einen Bombenangriff zerstört wurde, und zum anderen für die Besichtigung des Palastes selber.


Die Ausstellung fand ich sehr interesssant und anders als in dem Gefängnis in Hanoi spürte man nicht immer gleich den lehrmeisterhaften Unterton der Regierungspartei. Selbst die Kolonialzeit der Franzosen wurde mit Bildern relativ neutral dargestellt. Der Abschnitt über die Zeit nach 1954 ist spannend aufbereitet und auch hier hält man sich mit der Wertung zurück. Wer sich dafür interessiert sollte mal in der wikipedia den Artikel über die Republik Vietnam lesen.


Im Palast selbst konnte man den Kabinettstisch, einen Empfangsraum und eine Art Theater sehen. Interessanter wurde es aber unten im Bunker, da gab es z. B. den Raum zur Lagebesprechung voller Landkarten an der Wand.


Oder das Zimmer für den Präsidenten mit Bett und Telefon.


Viele Räume waren vollgestopft mit Fernmeldetechnik der 60er-Jahre. Mehrfach konnte ich den Namen Siemens lesen. Neben Funkgeräten gab es auch einen ganzen Raum mit Fernschreibern.


Was natürlich nicht fehlen durfte war ein Bild des Panzers mit der Nummer 483. Hier steht nur eine Replik, aber ein Panzer mit dieser Nummer hat bei der Besetzung Saigons durch den Vietkong den Palast als Erster erreicht und ist durch die Mauer gebrochen.


Auf dem Weg zum Palast sind wir an einem Park mit Sportgeräten vorbeigekommen. Die werden hier gut angenommen und Dörte hat einige ausprobiert. Weil ich überredet wurde, habe ich das auch mal probiert und Dörte ein Video davon drehen lassen.


Wir sind jetzt gegen 10 Uhr zurück zum Hotel gegangen und inzwischen hatten sie schon ein Zimmer für uns hergerichtet. Super, diesmal auch wieder mit eigenem Badezimmer! Wir haben kurz geduscht, Dörte hat sich hingelegt und ist sofort eingeschlafen und ich habe mich auf die Suche nach einem Ersatz für mein verlorenes GPS-Gerät gemacht.

Tatsächlich hatte ich vorher im Internet recherchiert und einen(!) Händler gefunden, bei dem es vielversprechend war, vorbeizufahren. Auf meine E-Mail hatte er allerdings nicht reagiert. Dazu musste ich mit dem lokalen Bus fahren und das war schon mal wieder ein Erlebnis: Bei diesen Bussen hat der Fahrer so eine Art Wohnzimmer im vorderen Bereich. Da sind noch 4 Sitze für Passagiere und eine kleine gepolsterte Liegefläche. Das ganze ist leicht erhöht und wer dorthin geht, muss sich die Schuhe ausziehen. Das macht der Busfahrer übrigens auch, anscheinend fährt er barfuß!


Das Geschäft, das ich besuchte, war ein kleines Handy-Geschäft, wie ich schon viele in Vietnam gesehen habe. Aber sie hatten dort tatsächlich ein Garmin etrex 20 da und haben mir das Ausstellungsstück für 5 Millionen Dong verkauft. Das wäre zwar nicht der günstigste Straßenpreis in Deutschland, der Preis ist davon aber nicht sehr weit entfernt. Jetzt kann ich auch wieder bequem Cachen gehen!
 
Nadine hatte mich gefragt, ob man denn in Vietnam gut mit dem Fahrrad fahren könnte. Deshalb habe ich die Zeit beim Warten auf den Bus genutzt und mir mal die wenigen Radfahrer angesehen, die da so längsfahren. Das macht ungefähr 1% des Verkehrs aus, 80% sind Motorroller und der Rest Autos. Ja, man kann hier in der Stadt Radfahren, aber so richtig Spaß macht das nicht. Es erinnert mich an Rom oder Istanbul - da geht das Radfahren auch, aber es ist lästig. Zur Hitze: Oktober hier lässt sich durchaus mit Juli in Istanbul vergleichen. Morgen und übermorgen kommen wir auch ein wenig aufs Land, dann werden wir mal sehen, wie es dort ist.

Ein Rangeln um Platz mit den Motorrollern gehört dazu.
Mundschutz tragen lange nicht alle,
Wir haben es bisher nicht für nötig gehalten.
Am Nachmittag haben wir dann gemeinsam einen Spaziergang durch HCMC gemacht. Ziel war zunächst das Ufer des Saigon-Flusses, um ein Bild von der Skyline von HCMC zu machen.


Dann haben wir am Ufer einen Cache gesucht und auch gefunden. Damit haben wir schon 4 Caches von 88 Caches gefunden, die es überhaupt in Vietnam gibt. Weiter ging es zum Platz Nguyen Hue. Die Straße/der Platz ist heute so etwas wie die Fußgängerzone von HCMC. Blöd nur, dass man zu allen Geschäften immer erst eine Auto-Straße überqueren muss ...


Am Mittelpunkt der Straße gibt es einen Springbrunnen, der allerdings nicht immer in Betrieb ist. Die Kinder machten sich einen Spaß daraus, durch das Wasser zu laufen und waren pitschnass.


Am oberen Ende der Straße steht das Rathaus von HCMC. Dörte hat es bei Sonnenuntergang in schöner Lichtstimmung aufnehmen können.


Danach war Abendessen und Kino angesagt. Dass Dörte nur noch vegetarisch isst, macht die Sache schon schwer. Beim dritten Lokal, dass nur Fleischspeisen anbot, sind wir dann sitzen geblieben. Dörte hat auf Popcorn im Kino vertraut und sich eine Banane bringen lassen. Im Kino haben wir den Film Venom angesehen. Etwas Fantasy, so ein bisschen wie Alien, aber deutlich lustiger. Kann man sich ansehen.

Anmerkungen von Dörte:

Ich finde diese Marvel-Filme immer irgendwie ein bisschen verwirrend. Vielleicht stecke ich ja nicht in diesem "Universum" drin. Der Abspann war völlig konfus, die Hauptfigur besucht jemanden im Gefängnis, der überhaupt nicht vorgekommen ist im Film! Hmmm... Ansonsten kann man sich den schon mal ansehen und die inneren Dialoge sind auch ganz lustig.

Das mit den vegetarischen Speisen ist tatsächlich schwierig. Wenn eine Nudelsuppe angeboten wird, dann handelt sich sich um eine Hühnerbrühe als Grundlage. Mein Eindruck ist, dass die Chinesen eher noch auf Fleisch verzichten. Naja, Popcorn geht auch.

5 Kommentare:

  1. 80% Mopedfahrer - ich glaube, Maastricht kann da mithalten. Innenstadt-Radeln ist mit Ausnahme von Amsterdam selten stressfrei. Irgendwie habe ich das Gefühl ,dass sich seit Peking nichts geändert Hat: Skylines, Tempel, Buddha-Statuen. Den nächsten Wechsel hätte es wohl erst in Indonesien gegeben, jetzt werden die USA wohl erst einen Umbruch bringen. So einen richtigen Kulturschock scheint ihr noch nicht erlebt zu haben (schnarchende Chinesen zählen nicht!) und phantastische (?) Tierwesen scheinen euch auch noch nicht begegnet zu sein. Ich warte jetzt mal auf den nächsten Pampa-Report. Angeblich werden in Vietnam Fahrradschläuche einhundertmal geflickt und jede noch so verbogene Speiche recycelt. Es klang auch, als wären 80% der Dienstleistungsgewerbetreibenden im Fahrradgeschäft zuhause. Ich meine, dazu hatte ich mal was in GEO gelesen. Bitte um Aufklärung!

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    1. Dass man hier alles repariert, mag ich gerne glauben. So sehen die wenigen Fahrräder, die ich bisher gesehen habe, auch aus. Aber es macht doch eher den Eindruck als ob das Dienstleistungsgewerbe von Street Food Verkäufern, Parkwächtern für Motorroller und Shopangestellten beherrscht wird. Mir kommt das hier kapitalistischer als in den USA vor: Jeder ist sein eigener Subunternehmer. Kein freies Wochenende, keine Lohnfortzahlung, keinen Urlaub. Wenn man einen Tag nicht arbeitet, bekommt man auch kein Geld.

      Kulturschock? Das Fehlen des großen Firewalls macht einen Riesenunterschied. Das empfinde ich als bedeutender als die doch auch deutlich andere Bauweise der Häuser. Der Verkehr in Hanoi war vielleicht ein Kulturschock, da ist ein Vergleich mit Maastricht unangemessen (Ulan Bator wäre noch zulässig;-)).

      Was ist Stress beim Radfahren? Wäre Radeln auf dem Standstreifen einer Autobahn Stress? Für mich nicht wirklich, weil es genügend Platz gibt und ich nicht in Lebensgefahr bin. Auf der dritten Spur einer 14-spurigen Autobahn. auf der 100 km/h gefahren wird (vor Istanbul war das so), das empfinde ich als Stress. Insofern könnte ich hier stressfrei radeln ...

      Gruß Jan

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    2. Mich hat sogar die Strecke zwischen Flugzeugwrack und Skógafoss auf Island gestresst, weil die Busfahrer kaum Abstand gehalten haben. Ein Standstreifen der Autobahn würde nich gerauchsmässig zwar nerven, aber auch nicht stressen, solange die Autos auf ihrer Spur bleiben würden. In Düsseldorf macht Radfahren in der Innenstadt auch wenig Spaß. Ich bezeichne das gerne als Russisch Roulette. Vielleicht sollte ich dann mal zur Densensibilisierung nach Hanoi.

      Und ja, Kranken- und Sozialversicherung sind eine gute Erfindung.

      Übrigens: Obwohl ihr fünf Stunden Vorsprung habt, passen eure Zubettgehzeiten immer noch nicht zu meinem Biorhythmus. Ich habe mich schon gefragt, ob ihr überhaupt schlaft. Das Gute an Nachtfahrten ist aber, dass man eine andersartige Übernachtung spart und schlafend Meter macht. Nachteil: Man verpasst was von der Landschaft.

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  2. Euer Motto müsste eigentlich lauten: "Wir reisen mit Bus, Bahn und Boot im Bett um die Welt." Zumindest hat man das Gefühl, dass ihr die meisten Kilometer in Schlafwagen und ähnlichem zurücklegt. ;-)

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    1. In der Tat spart das natürlich Zeit, wenn man schlafend reist. Aber man muss schon feststellen, dass die Schlafqualität bescheiden ist. Um es mal vorsichtig auszudrücken. Bisher ging es im Zug besser als im Bus, aber die Zugstrecken werden weniger.

      Wir versuchen, Busübernachtungen zu vermeiden, aber vor allem in Südamerika wird uns das nicht immer gelingen. Die nächsten Etappen sind jedenfalls tagsüber geplant.

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