Dienstag, 12. März 2019

Die Schönheit muss man suchen

Wir sind im Zentrum von Asuncion (genauer: La Muy Noble y Leal Ciudad de Nuestra Señora Santa María de la Asunción, aber das sagt hier keiner) untergebracht. Da sollte man denken, dass es ein Klacks ist, ein paar hübsche Altstadtstraßen zu finden. Das ist jedoch nicht so, hier stehen schöne alte Häuser, die nur ein bisschen Farbe gebrauchen könnten, direkt neben Hochhäusern und wirklich abbruchreifen Bruchbuden. Kaum ein Straßenzug hat einen eigenen Charakter, Arkadengänge sind nur sporadisch vorhanden. Irgendwie ist es ein großes Gewusel.

Ein Gewusel von alten und neuen Gebäuden
Unser erster Gang sollte uns zu einer Wäscherei führen - schon das ist schief gegangen. Die Suche auf Google Maps ohne Internet funktioniert nicht, wir sind den halben Vormittag mit einem Wäschesack rumgelaufen, bis wir eine Wäscherei gefunden hatten. Deren Position hatte uns die Touristeninformation gegeben, die auch sonst recht pfiffig war. Von hier sollte um 14:30 Uhr eine Walking-Tour losgehen, zu der wir uns anmeldeten.

Schöne alte Fassade an einem Eckhaus
Die nächste Aufgabe war mobiles Internet. Da unser Wifi-Router für Paraguay keine Datenpakete im Angebot hatte, mussten wir eine SIM-Karte kaufen. Dazu gingen wir in einen TIGO-Shop und zogen erst einmal eine Wartenummer. Nach 30 Minuten waren wir an der Reihe, aber dann dauerte es nochmal 70 Minuten, bis ich die SIM-Karte in den Händen hielt. Probleme machten wohl die Buchstaben in der Passnummer oder das "ü" im Nachnamen. Jetzt habe ich aber supergünstige 2 GB für die letzten Tage in Paraguay.

Die Walking-Tour wurde von Matthias geleitet, wir waren die einzigen Gäste. Wir erfuhren viel über die Erlangung der Unabhängigkeit Paraguays und über die beiden Kriege, die Paraguay geführt hat. Die Särge der Kriegshelden werden in einem Pantheon aufbewahrt, welches ein wenig an das Pantheon in Paris erinnert.

Im Pantheon
Der Tripel-Allianz-Krieg (1864-1870) war die blutigste Auseinandersetzung in Südamerika. Angeblich sind 80% der paraguayanischen Männer umgekommen. Dieser Krieg ging für Paraguay verloren, damals musste Paraguay große Gebiete abtreten. Der zweite Krieg ist der Chaco-Krieg (1932-1935), den Paraguay gewonnen hat. Große Teile des Chaco gingen damals an Paraguay - leider aber nicht die mit den Erdölvorkommen ...

Der zentrale Platz war besetzt mit Notunterkünften von Leuten, die vor der Überflutung ihrer Häuser geflohen waren. Das passiert jedes Jahr wieder, noch ist keine dauerhafte Lösung in Sicht. Die Kathedrale und das alte Parlamentsgebäude gehörten aber zu den schönen Gebäuden, die man gut fotografieren konnte.

Notunterkünfte auf dem zentralen Platz
Die Kathedrale
Das alte Parlamaentsgebäude
Wenige Schritte weiter ist das neue Parlamentsgebäude, das vor zwei Jahren im Zuge von Demonstrationen in Brand gesteckt worden war. Wie in vielen lateinamerikanischen Staaten ging es um einen Präsidenten, der sich illegalerweise wiederwählen lassen wollte. Inzwischen ist er nicht mehr an der Macht und seit einigen Monaten hat man auch mit den Aufräumarbeiten am Gebäude begonnen.

Reparaturarbeiten am neuen Parlamentsgebäude
Am Präsidentenpalast erzählte uns Matthias von Eliza Lynch. Diese Dame verliebte sich in Paris in den Sohn des Präsidenten von Paraguay, Francisco Solano López, und kehrte mit ihm nach Paraguay zurück. Nach dem Tod des Präsidenten trat Francisco Solano López die Nachfolge an und Madame Lynch spielte die Rolle einer First Lady, obwohl die beiden nie geheiratet haben. Das Ganze endete tragisch, denn sie verlor Mann und Sohn auf dem Schlachtfeld des Triple-Allianz-Krieges und wurde später ausgewiesen.

Präsidentenpalast
Zum Schluss besuchten wir das älteste Haus in Asuncion. Es ist heute ein Museum und dort war ein schönes Bild, wie Asuncion zur Kolonialzeit ausgesehen hatte. In der Mitte stand das Haus des Gouverneurs des spanischen Vizekönigs. Er wurde von den Truppen am Tag der Unabhängigkeit gewaltlos gefangen genommen. Im Museum ist die Szene auch bildlich dargestellt.

So sah Asuncion zur Kolonialzeit aus
Ein paar Fun-Facts haben wir auch noch erfahren: Auf dem 10.000-Guarani-Schein ist fehlerhafterweise ein Bild von der Unabhängigkeitserklärung Argentiniens abgebildet. Und ist Euch schon mal aufgefallen, dass die paraguayische Flagge zwei unterschiedliche Seiten hat? Insgesamt war die Walking-Tour etwas Museums-lastig, aber wie ich oben schon schrieb: Die Schönheit muss man suchen. Interessant war es allemal.

Anmerkungen von Dörte:

Jan hat Recht (was für ein großes Wort). Es ist ein Jammer. Es gibt hier viele architektonisch schöne Häuser, die vor sich hingammeln. (Eventuell mitlesende Architekten mögen die Anmaßung verzeihen - zumindest scheinen mir viele Häuser architektonisch schön). Aber das ganze alte Zentrum wird wegen des neuen Geschäftszentrums sehr vernachlässigt.

Nachzutragen ist, dass aufgrund des Krieges, in dem so viele Männer umgekommen waren, eine Zeit lang Polygamie erlaubt war. Das ist aber vorbei!!

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