Sonntag, 9. Dezember 2018

Rundgang an Deck

Nach dem Mittagessen hat der Kapitän mit uns einen Rundgang an Deck gemacht. Gut, dass das der Kapitän selbst gemacht hat, denn er hatte die Autorität, uns auch mal ein bisschen mehr zu zeigen. Mich interessierte zunächst, wie das genau funktioniert mit Containern unter Deck und Containern über Deck. Von oben von unserem Fenster sieht es nämlich so aus, als ob wir bis zum Schiffsrand mit Containern beladen seien und gar kein Platz für einen Rundgang wäre. Die Lösung ist, dass der Gang unter den äußeren Überdeck-Containern verläuft.

Der Kapitän zeigt uns ein Twistlock
Die äußeren Überdeck-Container liegen praktisch auf einer Brückenkonstruktion über dem Gang. Auf der einen Seite sitzen sie auf Pfeilern an der Bordwand und auf der anderen Seite auf den Lukendeckeln. In den Luken sind die Unterdeck-Container in senkrechten Schienen fixiert, das hatten wir gestern schon gesehen. Auf den Luken liegen Lukendeckel, die etwas größer als 4 Container breit und 2 Container lang sind. Auf diesen Lukendeckeln sind dann wieder Containerecken mit Twistlocks angebracht, auf denen die Überdeckcontainer sitzen. Die ersten beiden Lagen der Überdeck-Container werden dann mit Laschstangen fixiert.

Auf der Laschbrücke zwischen den Überdeck-Containern
Um uns das genau anzusehen, mussten wir eine Leiter hochklettern - das war das, was Dörte mir so gerade noch erlaubt hat. Hier ist es auch unglaublich laut, weil die Lukendeckel beim Rollen des Schiffes minimales Spiel haben.

Wieder zurück auf dem Rundgang kamen wir an der eingeklappten Gangway vorbei, mit der wir an Bord gekommen sind. Dann kamen wir zum Bug und haben die beiden Ankerketten bestaunt. Riesige Kettenelemente, die alle 27 Meter mit einem Spezialglied (Radfahrer würden sagen ein Kettenschloss) zusammengehalten werden. Insgesamt sind die Ketten jeweils einige 100 Meter lang. Runtergelassen wird der Anker per Schwerkraft, gesteuert durch eine Ankerbremse. Zum Hochziehen gibt es je eine Winde.

An der Ankerbremse
Ein Kettenschloss in der Ankerkette
Da wir nun ja schon vorne am Bug waren, durfte ein Titanic-Bild natürlich nicht fehlen!

Wie auf der Titanic, nur dass wir nicht untergehen!
Wir kamen dann auf die Windseite und das merkte man sofort an den Wellen und daran, dass es feucht wurde. Es war eine Dünung mit Wellen von etwa 4 Metern Höhe. Von oben sieht das noch nicht schlimm aus, aber in einem kleinen Boot möchte ich da nicht unterwegs sein! Die Seeleute nennen es "Weiße Pferde", wenn die Gischt an den Wellenkämmen hoch aufsprüht. Dörte hat das in einem kleinen Video festgehalten.

Ordentliche Dünung!
Wir haben im Schornsteinturm dem Not-Generator einen kleinen Besuch abgestattet und sind dann weiter bis zum Heck. Hier konnten wir sehen, wie mächtig das Wasser durch den Propeller aufgewirbelt wird.

Blick aus dem Heck
Am Heck ist unter den Containern auch Platz für ein Feld zum Spielen von Foot-Tennis. Das ist aber eher etwas für ruhigeres Wetter.

Foot-Tennis-Feld am Heck, unter Containern
Zum Schluss machten wir einen Besuch im Steuerraum für das Ruder. Zwei Pumpen erzeugen Öldruck, mit dem das Ruder hydraulisch in der richtigen Position gehalten wird. An der Konstruktion ist eine Messlatte angebracht, an der man den Winkel des Ruderblattes ablesen kann.

Ruderanlage: Wir steuern 3,5 Grad Backbord
Zurück ging es eine Etage tiefer durch denselben Gang, den wir gestern zum Maschinenraum gegangen waren. Dabei durften wir noch einen Blick hinunter werfen zur Lotsentür, die über eine 10 Meter lange Leiter zu erreichen ist.

Die Standardbilder sind heute wegen des Rundgangs etwas verspätet.

Fenster, 9.12.2018. 15:35 Uhr
Brücke, 9.12.2018. 15:45 Uhr
Sonstiges:

Der Helm, den ich getragen habe, war auch nötig. Sonst hätte ich mir nämlich zweimal ganz übel den Kopf gestoßen!

Bei dem Tempo, dass wir gerade machen, würden wir am 13.12. gegen Mitternacht in Los Angeles ankommen. Sobald wir aber in die 200-Meilen-Zone der USA kommen, gelten strengere Umweltauflagen und wir müssen anderen Treibstoff verwenden. Weil der andere Treibstoff teurer ist, werden wir dort etwas langsamer unterwegs sein. Es passt also doch mit einer Ankunft am 14.12. abends.

Mein rechtes Fußgelenk macht mir ein wenig Sorgen. Es tut etwas weh, aber es behindert mich nicht beim Gehen. Aber eine Wanderung würde ich damit jetzt auch nicht gerade unternehmen. Bemerkt habe ich es erstmals nach einer Stunde auf dem Laufband. Ich hoffe mal, dass das mit der Zeit besser wird.

Anmerkungen von Dörte: 

Ganz stilecht ist das Titanic-Foto natürlich nicht: Kate Winslet hatte keinen Helm auf, stand auf der ersten Stufe des Geländers und  - wenn ich ehrlich bin - war sie auch schlanker. Und sie hatte natürlich auch keine wunderbare Mongolenjacke. Gut, dass Jan die die ganze Zeit durch Asien in seinem Rucksack mitgeschleppt hat. Ich wollte sie ja schon verschenken.

3 Kommentare:

  1. Ich habe diesen Artikel nach den ersten Zeilen ignoriert. Sonst besteht die Gefahr, dass ich demnächst bei meiner ersten Containerschifffahrt der Crew erzähle, wo es langgeht. ;)

    Alles bisherige hat mich aber auf jeden Fall heiß gemacht und ich glaube nicht, dass ich an Bord so viel schlafen werde. Sollte Langeweile aufkommen, habe ich bestimmt ein paar Pen&Paper-Rätsel auf Lager.

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    1. Hallo Nadine,

      ich freue mich schon auf Deinen Blog zur Frachtschiffreise. Der Kapitän empfiehlt allerdings lieber eine kürzere Reise mit mehr Stops in Häfen zu machen, z. B. von Mexiko nach Lima oder Santiago de Chile. Und zu einer Jahreszeit mit besserem Wetter. Wir hätten uns so ziemlich die längste Strecke ohne Häfen ausgesucht und wären zu einer Jahreszeit gefahren, die schlechtes Wetter garantiert. Dabei finden wir das Wetter gar nicht so schlimm ...

      Liebe Grüße Jsn

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    2. Hallo Jan,

      über den Pazifik gibt es vermutlich nicht so viele Alternativen. Für mich scheint sich Los Angeles - Neuseeland anzubieten. Verbindungen von Südamerika nach Neuseeland habe ich noch nicht gesehen, bin aber mit der Recherche noch nicht so weit. Bis Reisebeginn sind es noch 16 Monate. Nach eurer Rückkehr muss ich euch auf jeden Fall mal interviewen. Ich finde das Wetter auch ganz ok. Grau, aber meist trocken - da gibt es Schlimmeres.

      Grüße, Nadine

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