Mittwoch, 3. April 2019

Avenida de Mayo

Heute Vormittag haben wir für mich das passende Outfit für die Kreuzfahrt eingekauft. Wir sind in ein Herrenmodengeschäft in der Avenida de Mayo gegangen und wurden so kompetent und zügig bedient, wie wir das in Hamburg von Policke gewohnt sind. Innerhalb von 15 Minuten war ich mit Hose, 2 Hemden, Gürtel und Krawatte ausgestattet. Fotos vom neuen Outfit gibt es dann auf der Kreuzfahrt.

Kaum zu glauben, dass wir in 15 Minuten mit dem Aussuchen fertig waren ...
Um 15 Uhr haben wir eine Free Walking Tour mitgemacht. Victoria hat uns herumgeführt und reichlich mit Informationen versorgt. Von 1860 (Ende der Bürgerkriege) bis in die 20er-Jahre gab es eine Blütezeit. Man wollte zeigen, was man hat, deshalb wurden ab etwa 1880 neue Straßen gebaut. Dafür mussten fast alle Bauten aus der Kolonialzeit weichen. Vorbild waren europäische Städte, vor allem aus Frankreich. Genauso ist die Avenida de Mayo als Prachtstraße entstanden. Wir sind sie heute vom Kongresspalast bis zum Präsidentenpalast entlang gelaufen.

Denkmal auf dem Platz vor dem Kongresspalast
Wir haben erfahren, dass das "Hochhaus mit Gesicht" das Gesundheits- und das Bildungsministerium beherbergt und dass dort Eva Perón abgebildet ist. Zwischenzeitlich waren alle Denkmäler von ihr verboten gewesen, inzwischen gilt das Verbot nicht mehr. Die Darstellung am Hochhaus ist auf Initiative der Präsidentin Kirchner entstanden.

Am Plaza de Mayo gibt es viele historische Gebäude zu sehen und vieles zur Geschichte Argentiniens zu berichten. Hier steht das erste Rathaus der Stadt, eines der wenigen Gebäude im Kolonialstil. Dann gibt es noch die Kathedrale, die Nationalbank, den Präsidentenpalast und viele weitere sehenswerte Gebäude.

Das erste Rathaus von Buenos Aires
Sieht nicht wie eine Kirche aus, ist aber die Kathedrale
An der Kathedrale brennt eine ewige Flamme für den
Helden José de San Martin und den unbekannten Soldaten
Wachwechsel vor dem Präsidentenpalast
Am interessantesten fanden wir aber die Geschichte der "Mütter der Plaza de Mayo": Während der Militärdiktatur von 1976 bis 1983 sind viele Menschen spurlos verschwunden. Erst später hat sich herausgestellt, dass diese Menschen gefoltert und getötet wurden und dass man die Leichen hat verschwinden lassen. Die Mütter haben dafür protestiert, dass sie erfahren, wo ihre Angehörigen geblieben sind. Demonstrationen waren damals natürlich verboten und die Mütter liefen Gefahr, selbst zu verschwinden. Deshalb haben sie keine Versammlung abgehalten und keine Reden geschwungen, sondern haben als Erkennungszeichen ein weißes Kopftuch getragen und sind immer wieder um die Statue in der Mitte des Platzes marschiert. Letztlich waren es die Berichte der ausländischen Presse, die allmählich eine Änderung bewirkten. Die Märsche gibt es im wöchentlichen Rhythmus noch heute, um die Erinnerung zu bewahren und die Bestrafung der Täter einzufordern.

Das Symbol des weißen Kopftuchs auf dem Pflaster des Platzes
Um 19 Uhr haben wir den Palacio Barolo besichtigt. Diese Besichtigung fand ich noch besser als die des Palacio Salvo in Montevideo. Das Gebäude ist als Bürogebäude konzipiert und wird auch so genutzt - dementsprechend ist es viel besser gewartet und instandgehalten als der Palacio Salvo. Dieses Gebäude ist im Einklang mit Dantes "Göttlicher Komödie" gebaut: Unten "Hölle", darüber "Fegefeuer" und oben "Paradies". Ich war wohl der einzige Teilnehmer der Führung, der die Göttliche Komödie nicht kannte! Ein Beispiel für den Einklang: Es gibt keinen durchgehenden Fahrstuhl von der Hölle bis in das Paradies, denn ein bisschen muss man sich schon durch das Fegefeuer reinigen lassen.

Fahrstuhl von der Hölle ins Fegefeuer
Wir konnten ein Büro mit zeitgenössischer Einrichtung besichtigen und ein paar Fotos schießen. Danach ging es auf eine Aussichtsterrasse im 13. Stock. Eine solche Terrasse haben wir im Palacio Salvo überhaupt nicht gesehen. Von dort ging es zu Fuß nach oben bis in den 20. Stock. Das ist schon in der Kuppel und zwar die Etage mit den spektakulären kleinen Balkönchen, die fast 100 Meter über der Straße zu schweben scheinen. Dörte war nicht so ganz wohl beim Hinaustreten auf diese Balkone!

Vorbereitung auf den Wiedereintritt ins Berufsleben
Spektakuläre Mini-Balkone
Jetzt wurde die Treppe noch enger und wir erreichten 2 Stockwerke höher den Leuchtturm auf der Spitze. Ringsherum Glas und in der Mitte der drehbare Scheinwerfer. Jeden Abend wird er auf der Führung um 20 Uhr zur Demonstration kurz in Betrieb genommen. Eine Bedeutung für die Seefahrt hat der Turm schon lange nicht mehr.

Nur noch Glas um uns herum!
Den Abschluss bildete ein Besuch in der Rooftop Bar im 16. Stock. Dort gibt es eine weitere Aussichtsterrasse, von der aus wir auch das Einschalten des Scheinwerfers beobachtet haben.

Auf der Aussichtsterrasse der Rooftop Bar mit Blick auf den Turm
Der Leuchtturm wird täglich nur kurz eingeschaltet
Anmerkungen von Dörte:

Ich hatte heute einen rätselhaften Geistesblitz. Bei der Besichtigung des Palacios wurde nach der Dezimalzahl von 22/7tel gefragt (22 Stockwerke und 7 Aufzüge).  Spontan antwortete ich 3,14 und gewann einen Bonbon.

7 Kommentare:

  1. Wie gut ,dass Suresh Kumar Sharma nicht in eurer Gruppe war. Er hätte erst nach ca. 17 Stunden und über 70000 Nachkommastellen aufgehört, seinen Geistesblitz zu äußern. 😀

    Ich hwbe gestern überlegt, seit wann ihr von Tango berichtet. Vermutlich seit ihr Mittelamerika erreicht habt? Meine Zusammenfassung eurer Reise lautet etwa so: Transib und Babuschkas, Tempel-Buddha-Tempel, 3 Wochen Captain's Dinner / "Das große Fressen" auf einer Schiffsschaukel, Tango von A-Z. Wie man Barcelona bis Hamburg mit einem Stichwort beschreiben kann, überlege ich mir noch. Vielleicht "Heimfahrt ohne echte Distanz". Eigentlich könnte Jan ab Barcelona das Rad nehmen.

    Grüße
    Nadine

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    1. Hallo Nadine,

      für 22/7 hätte es keines Gedächtniskünstlers bedurft, die Periode ist ja nur 6 Ziffern lang. Der eigentliche Fehler ist, dass jemand auf die Idee kam, die Anzahl der Stockwerke durch die Anzahl der Aufzüge zu teilen. Es war noch ein weiterer deutscher Mathematiker in der Gruppe und wir erinnerten uns an den Wissenschaftler Cornelis de Jager mit seiner Radosophie. Er hat mittels Rechnenoperationen aus 4 Messungen an seinem Hollandrad alle wichtigen Naturkonstanten hergeleitet.

      Das mit dem Tango täuscht ein wenig, er taucht erst seit Montevideo so richtig auf. Und Montevideo und Buenos Aires sind eben auch die bedeutendsten Tangostädte auf der Welt. Wahrscheinleich kommt gleich danach Seinäjoki in Finnland (http://www.tangomarkkinat.fi/in-english/).

      Ich denke über die Reise immer in drei großen Abschnitten, unterbrochen von den Schiffsreisen: Russland und Asien, USA und Mittelamerika und Südamerika. Ab Samstag ist Rückreise, das betrachte ich als so eine Art Nachtisch und freue mich, unterwegs Familie und Freunde wiederzusehen.

      Liebe Grüße
      Jan

      PS: Ich muss am 2. Mai wieder arbeiten, da wäre ein Rückweg mit dem Rad von Barcelona ab dem 22.4. schon ziemlich sportlich ...

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  2. Google Maps veranschlagt für Barcelona -Hamburg 4 Tage und 5 Stunden (nonstop) mit dem Rad. 1891 km. 6054 hm. Da geht noch was. Wetten? ;) Allerdings weiß ich nicht, was "Achtung! Diese Route verläuft durch Frankreich." bedeuten soll.

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  3. Ich erinnere mich, dass die bei "Weit" ab Barcelona zu Fuss nach Hause sind... Allerdings wohnten die wohl in Freiburg. Wäre aber wohl was ganz besonderes, zu Fuss nach Hause zu kommen. Die TK gibt es übrigens auch ohne dich noch, Jan ;-)

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  4. Tja, da ist es ja fast schade, dass ich die TGV-Fahrkarten von Barcelona nach Paris schon gekauft habe ...

    Liebe Grüße
    Jan

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  5. Wann wird denn Dörte auch für die Kreuzfahrt schick eingekleidet? Gleiches Recht für alle! ;-)
    Ich könnte mir vorstellen, dass der Kapitän hofft, dass er mit euch am Dinnertisch sitzen darf, weil ihr so viel zu erzählen habt.
    Liebe Grüße,
    - Burkhard

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    1. Hallo Burkhard,
      ich bin in einer Parfümerie gewesen und trage einen Hauch von Chanel!
      Gruß Dörte

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